Berufsschule Neumarkt im Gespräch mit Stephan Krawczyk
Am 27. November besuchte uns Herr Stephan Krawczyk, Liedermacher und früherer Bürgerrechtler in der ehemaligen DDR. Er kam auf Einladung des Fachbereichs "Politik und Gesellschaft" um sein Programm "Mensch Nazi" vorzustellen und den SchülerInnen über seine Vergangenheit in der DDR zu berichten.
Zur Person Stephan Krawczyk:
Nach Abitur und dem Studium der Konzertgitarre an der Franz-Liszt-Hochschule in Weimar arbeitete Stephan Krawczyk seit 1980 als freiberuflicher Künstler. 1981 gewann er den Nationalen Chansonwettbewerb der DDR, zog 1984 nach Ost-Berlin. Im selben Jahr begann er zu schreiben. Immer schärfere Kritik an der DDR wurde in den Texten des Liedermachers erkennbar, er thematisierte den täglichen Machtmissbrauch, Umweltzerstörung und fehlende Alternativen. 1985 wurde er mit einem Berufsverbot belegt. Er trat in Kirchen auf, wurde zur Symbolfigur der DDR-Bürgerbewegung und arbeitete beim illegalen Radiosender „Schwarzer Kanal“ mit. Am 17. Januar 1988 wurde er im Zuge der Liebknecht-Luxemburg-Demonstrationen verhaftet. Unter Androhung einer langjährigen Haftstrafe stimmte er einer Ausreise zu. Am 2. Februar wurden er und seine Frau, Freya Klier, aus dem Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen in die Bundesrepublik gefahren. Seitdem diverse Veröffentlichungen auf musikalischem und literarischem Gebiet, Reisen, Tourneen, ab 2003 auch als Kabarettist. Krawczyk ist Vater von vier Kindern und lebt in Berlin.
Projekt „Mensch Nazi“ (Schulprogramm zu Ursachen des Rechtsextremismus)
Sind Neo-Nazis Monster oder Menschen? Welche Pfade führen in den Sumpf der rechten Szene? Und was muss auf den Wegweisern stehen, die aus dem Dickicht dumpfen Deutschtums, tragischer Heldenträume und Versagerängsten wieder herausführen? Während zweier Schulstunden (neunzig Minuten) suchte Krawczyk gemeinsam mit den Schülern am Beispiel des Protagonisten Klemens nach Antworten auf diese Fragen. In den ersten 60 Minuten las Krawczyk aus dem Buch „Mensch Nazi“ und sang Lieder, die im Kontext des Themas standen.
Die, die es damals nicht miterleben konnten, wissen oft viel zu wenig über die mehr als schwierige Situation der Dissidentinnen und Dissidenten in diesem System und auch darum lohnte sich ein Blick auf dieses deutsche Nachkriegskapitel doppelt. Die "Mauer" und die innerdeutsche Sperranlagen sind nämlich nicht einfach „gefallen“ – wie heute oft vereinfachend zu hören ist - und die SED-Führung öffnete sie auch nicht freiwillig - sondern nur durch den stetig wachsenden Druck im Zuge dieser gewaltfreien Revolution, ausgelöst durch Ausreisewillige und Bürgerrechtlern wie Stephan Krawczyk und seiner damaligen Frau Freya Klier, waren viele der folgenden Veränderungen möglich.
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Wir sind sehr dankbar, dass sich Herr Krawczyk die Zeit genommen hatte um uns zu besuchen und wir dadurch vielleicht ein klein wenig von ihm lernen konnten, was es heißt couragiert zu sein und seine Meinung zu vertreten.