Jahresbericht Sozialkunde 2015/2016
„Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muss man vor allem selbst ein Schaf sein.“
Dieser Satz hat sehr viel mit unserem sozialkundlichen Auftrag in der Berufsschule zu tun. Es geht nicht darum, angepasste Staatsbürger zu erziehen, deren Ziel es ist, möglichst tadellos und unauffällig durch ihr politisches Leben zu kommen. Vielmehr muss das Ziel sein, Schüler zu selbständig und kritisch denkenden Menschen in Beruf und Gesellschaft zu erziehen, die bereit sind ihre demokratischen Überzeugungen im Alltag aktiv zu vertreten.
Also muss diese „Kritikkompetenz“ auch geübt werden. Dass das im Alltag für die jeweiligen Lehrkräfte/Vorgesetzten herausfordernder ist als die Schüler/Mitarbeiter über autoritäre Führungsstrukturen zu disziplinieren, steht außer Zweifel. Der Geist, der an einer Schule herrscht, muss aber ein freier sein. Das gilt für das Lehrerkollegium gleichermaßen wie für den Umgang mit Schülern und unter Schülern.
Immer komplexer werdende gesellschaftliche Bedingungen erfordern ein schärferes Bewusstsein, eine höhere Sensibilität für antidemokratische Strömungen, die sich im Alltag und natürlich auch im Schulalltag in Neumarkt in zunehmenden Maße in rechtspopulistische Äußerungen bzw. abgrenzenden Bemerkungen dokumentieren.
Wir sollten die Chance nutzen, den einfachen Lösungen, die die sogenannte „rechte Mitte“ anbietet, Argumente entgegenzusetzen um dem Anspruch „Schule ohne Rassismus“ gerecht zu werden. Auch ein Unterlassen von „Gegenwehr“ führt zum Verlust von demokratischen Errungenschaften und persönlicher Selbstachtung.
Gleichzeitig ist die gesellschaftliche Debatte immer mehr geprägt von der Rolle der Religionen im gesellschaftlichen Umfeld. Religionen, die sich mit dem Humanismus nicht vereinen lassen, sollten nicht die Grundlage für gesellschaftliche Entscheidungen sein. Der Humanismus sollte durch Aufklärung in sie hineingetragen werden. Und dazu gehören auch die freie Meinungsäußerung und das Recht auf Karikierung.
Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist das unabdingbare Kernprinzip der staatlichen Macht, das Ergebnis einer gesellschaftspolitischen Entwicklung in Auseinandersetzung und positiver Abgrenzung von Willkürherrschaft.
Religionen sind meist jahrtausendealte und traditionsreiche Varianten menschlicher Weltanschauung. Religionen legen Wertvorstellungen fest und prägen mit gemeinschaftlichen Glaubenspraktiken und -riten das Leben ihrer Religionsmitglieder, und zwar immer so stark, wie es der Einzelne für sich zulässt. Religion ist also etwas sehr Individuelles und Abänderliches, eine Art und Weise die Welt und ihre Kausalität durch das Wirken höherer Mächte zu interpretieren.
Es gibt keine demokratischen Religionen, also gibt es auch keine religiösen Demokratien, die den Anforderungen einer freiheitlichen Demokratie genügen. Dabei kann man sicher auch von einer Unvereinbarkeit der traditionsbetonten Religion mit dem Grundordnungsprinzip, der freiheitlich demokratischen Grundordnung sprechen. Ausdruck hiervon stellt im staatlichen Bereich die Trennung von Staat und Kirche dar.
Religionsunterricht muss bei einer immer heterogeneren Gesellschaft eine geschützte Privatsache bleiben und im schulischen Bereich ersetzt werden durch ein Fach, das ethische Fragen mit den Werten einer freiheitlich demokratischen Grundordnung vereint. Vielleicht als eine Art von Lebenskunde, die ethische Fragen mit sozialkundlichen Fragen verbindet.
Bedanken möchte im mich in diesem Schuljahr wieder sowohl bei den Religionslehrern als auch bei den Sozialkundelehrern.
Bei den Religions- und Ethiklehrern bedanke ich mich für ihr wertvolles Engagement in vielen zentralen Fragen des Lebens. Sei es in dem sehr sensiblen Umgang mit tragischen Unglücksfällen an unserer Schule oder in der unterrichtlichen Thematisierung des Todes von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Parallel dazu kommen bei der vom Fachbereich Religion organisierten Spendenaktion zugunsten des einzigen bayerischen Kinderhospizes in Bad Grönenbach im Allgäu immer herausragende Ergebnisse zustande.
Bei den Sozialkundelehrern bedanke ich mich für ihre wichtige pädagogische Arbeit im Unterricht, die bei zunehmend heterogener Schülerschaft nicht immer einfach ist.
Herzlichen Dank auch an die Klassen, die sich bei diversen sozialkundlichen Projekten bzw. Fahrten mit viel Interesse politisch engagierten.
Ich bedanke mich auch bei der Schulleitung des Beruflichen Schulzentrums, die den Fachbereich Sozialkunde immer vorbehaltlos unterstützte.
Thomas Trappe
Sozialkundefachbetreuer
Kleiner Trost für uns Lehrer:
"Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild zu sein, wenn's nicht anders geht, ein abschreckendes." (Albert Einstein)