Politik und Gesellschaft Jahresbericht 2023/2024

Lernen wir schwimmen, wenn nötig auch mal gegen den Strom!

„Dumpfer Populismus? Nein danke! Die sogenannte „Remigration“ unserer Banknachbarn, Kolleginnen, Freunde, Ausbilderinnen? Ganz sicher nicht! Und Faschismus? Nie wieder! Deutschland braucht keine Alternative zur Freiheit und Vielfalt. Wir haben aus der Geschichte gelernt und vergessen nicht, wie das Unmenschliche – zunächst heimlich und verhalten, dann unterdrückend und brutal – in die Gesellschaft eingedrungen ist. Die heutige Zeit erfordert eine klare Haltung. Wir stehen gemeinsam für eine offene Gesellschaft, die sich den Herausforderungen stellt, anstatt sich von rechter Propaganda aufheizen und aufhetzen zu lassen. Denn wir wissen bereits, wohin das führen kann.“

DIE ZEIT, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, WirtschaftsWoche und das Medienhaus Ströer setzten mit ihrer Kampagne "#Zusammenland – Vielfalt macht uns stark" gemeinsam mit rund 500 Unternehmen, Stiftungen und Verbänden in diesem Jahr ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und bekannten sich zu Freiheit und Demokratie, Vielfalt und einer Willkommenskultur. 

Das ist eine Kampagne, mit deren Anspruch wir uns in unserer Schule mit den vielen unterschiedlichen Nationalitäten und Charakteren identifizieren. Weltoffenheit, Respekt und Gemeinschaft sind Werte, die eine Schule nicht nur zu einer lebenswerten, sondern auch zu einer starken Schule machen. Einer Schule, die sich mutig autoritären Strukturen entgegenstellen sollte, sei es im Lehrerkollegium oder im Umgang mit oder unter Schülern.

„Wenn man weniger Angst hat, riecht man besser, und dann braucht man auch weniger Parfum – und das wiederum ist gut für die Atmosphäre an der Schule“, so drückte es der Schriftsteller und Liedermacher Stephan Krawczyk beim Besuch der Berufsschule Neumarkt am Beginn des Schuljahres aus.

Meinungsfreiheit ist als Teil eines demokratischen Gemeinwesens ein hohes Gut. Meinungsfreiheit herrscht, wenn auch der jeweils anders Denkende seine Meinung frei äußern kann. Aus der Vielzahl der Vorschläge kann dann in einem herrschaftsfreien Diskurs das beste Argument gefunden werden, aus dem sich wiederum die Antwort für die zu lösenden Aufgaben ableiten lässt. Im herrschaftsfreien Diskurs gibt es „keine Hierarchie zwischen den Diskursteilnehmern, alle haben die gleiche Möglichkeit ihren Standpunkt zu Gehör zu bringen und zu begründen, niemand wird zum Schweigen gebracht, niemand beansprucht für sich die Diskussionshoheit. Die Teilnehmer begegnen sich auf Augenhöhe, sie hören einander zu, schneiden sich nicht das Wort ab und beenden die Kommunikation nicht willkürlich.“ (Julian Nida Rümelin in „Politik und Kultur 9/2023“) Soweit das Ideal!

Gegenstand des Faches Sozialkunde ist die Politik. Im engeren Sinne umfasst Politik die Gesamtheit der Aktivitäten zur Vorbereitung, Herstellung, Durchsetzung und Rechtfertigung gesamtgesellschaftlich verbindlicher Entscheidungen. Politikwissenschaft im Rahmen der sozialkundlichen Ausbildung fragt deshalb insbesondere nach zugrunde liegenden Über- und Unterordnungsverhältnissen (Macht und Herrschaft) und ihrer Legitimation.

Dass es in der Arbeitswelt und in der Schule nicht immer demokratisch zugehen kann, sollte selbstverständlich sein. Aber jede Arbeitsanweisung top-down ist zum Scheitern verurteilt, wenn sie sich in der Kommunikation in einem „Weil ich es kann“ erschöpft. Das gilt im Klassenzimmer genauso wie im Lehrerkollegium.

Trotzdem wird es im Mikrokosmos Schule gelegentlich so praktiziert. Wer also sinnlose Anweisungen durchdrückt nur um seine Autorität zu festigen, riskiert den Kontakt zum Gegenüber zu verlieren!

An unserer Schule fanden auch in diesem Schuljahr wieder einige sozialkundliche Veranstaltungen statt, die das Ziel hatten, junge Menschen für Politik zu interessieren:

  • Juniorwahl: Landtagswahl in BayernBild 1 PuG online

Wie schon seit vielen Jahren nahm die Berufsschule Neumarkt auch in diesem Jahr im Vorfeld der „wirklichen“ Landtagswahl am 08. Oktober an der Juniorwahl 2023 teil. Hier konnten die Schüler und Schülerinnen, also Jugendliche und junge Erwachsene unter realistischen Bedingungen "ihren Landtag" in der Berufsschule wählen und somit die eine Woche später stattfindende, „richtige“ Landtagswahl simulieren. Dabei gaben 430 Auszubildende ihre Stimme ab.

Keine Überraschung gab es an der Spitze. Die CSU wurde wieder stärkste Kraft in der Berufsschule, schnitt allerdings im Vergleich zu den vorhergesagten 37 % bei den „Erwachsenen“ mit 29% der Gesamtstimmen deutlich schlechter ab. Ähnlich wie bei der Wahlsimulation des Kreisjugendringes, der „U-18 Wahl“, wurde die AfD auch bei der Juniorwahl zweitstärkste Kraft mit 21% der Gesamtstimmen. Mehr als jeder fünfte Schüler gab seine Stimme dieser Partei. Den dritten Rang erreichten die Freien Wähler mit 18% der Gesamtstimmen. Weit dahinter folgte die SPD mit nur 8%, gefolgt von der FDP mit 5% die es gerade noch schaffte, die 5%-Hürde zu knacken.

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  • Berufsschule Neumarkt im Gespräch mit Stephan Krawczyk

Am 27. November besuchte uns Herr Stephan Krawczyk, Liedermacher und früherer Bürgerrechtler in der ehemaligen DDR. Er kam auf Einladung des Fachbereichs "Politik und Gesellschaft" um sein Programm "Mensch Nazi" vorzustellen und den Schülerinnen und Schülern über seine Vergangenheit in der DDR zu berichten. (Siehe Extrabericht)

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  • Wer soll kommen? Wer darf bleiben? Das europäische Asylsystem auf dem Prüfstand

Mit diesem Thema beschäftigten sich 65 Schülerinnen und Schüler am 18. Januar in einer vom Fachbereich Politik und Gesellschaft und Herrn Christa von der Hanns-Seidel-Stiftung organisierten Veranstaltung.

Referent war Herr Peter Bauch (M.A. Politikwissenschaftler, Politischer Berater), der in einem sehr lebendigen Vortrag die Chancen und Probleme Europas durch Zuwanderung über das Asylverfahren beleuchtete. Gleichzeitig thematisierte er die illegale Zuwanderung nach Europa und die sich daraus ergebenden finanziellen, aber auch politischen Probleme, die zu der jüngst auf europäischer Ebene vereinbarten "Asylreform" geführt hatten.

Zum Ende konnten die Schüler zu diesem Themenkomplex noch Fragen stellen, die jeweils fachkundig durch Herrn Bauch beantwortet wurden.

Vielen Dank an alle Schüler, die sich für dieses wichtige Thema interessierten, das eine nicht zu unterschätzende Rolle in unserem derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Leben spielt.

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  • Schüler fragen- Politiker antworten

Am Dienstag, den 06. Februar 2024 besuchte Frau Susanne Hierl, die seit 2021 Mitglied des Bundestages ist, das Berufliche Schulzentrum Neumarkt. Sie hatte als direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises 232 Amberg angeboten, Schülerinnen und Schülern der Berufsschule Neumarkt in ihrer Funktion als Wahlkreisabgeordnete Rede und Antwort zu stehen.

In zwei, jeweils zwei Schulstunden umfassenden, Veranstaltungen stellte sich Frau Hierl den Fragen der Schülerinnen und Schüler. Nach einer kurzen Vorstellung ihrer Person ging es los mit der Befragung durch die jeweils vier Klassen. Die Fragen waren zum großen Teil vorher im Klassenverbund vorbereitet worden und bezogen sich hauptsächlich auf aktuelle politische Themen.

Zusammenfassend kann man sicher feststellen, dass es für beide Seiten eine interessante Erfahrung war, miteinander ins Gespräch zu kommen. Diese Veranstaltungsreihe soll noch in diesem Schuljahr weitergeführt werden, um auch mit Vertretern anderer Parteien ins Gespräch zu kommen. Im Juni hat Frau Marianne Schieder, SPD (Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion) ihr Kommen zugesagt. Weitere Einladungen sollen folgen.

Vielen Dank Frau Hierl für diese zwei Gesprächsrunden, die idealerweise dazu beigetragen haben, Sachverhalte aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen bzw. das politische Bewusstsein der Schüler und Schülerinnen anzusprechen.

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  • Juniorwahl: Europawahl

Am 9. Juni 2024 wurde das Europäische Parlament gewählt. An diesem Tag konnten alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger auch erstmalig ab 16 Jahren darüber mitbestimmen, welche Parteien, welche Politikerinnen und Politiker in den kommenden fünf Jahren über die Gesetze in Europa beraten und entscheiden.

Im Rahmen des Projekts Juniorwahl nahmen wir im Juni als Schule auch an der Europawahl 2024 (wie schon an der bayerischen Landtagswahl 2023) teil. Gespannt sein darf man auf das Ergebnis (das erst nach Redaktionsschluss dieses Jahresberichtes veröffentlicht wurde) an unserer Schule.

Parallel zur Europawahl fand also die „Junioreuropawahl“ 2024 bei uns statt, eine realitätsnahe Simulation, bei der Schülerinnen und Schüler erste eigene Erfahrungen mit demokratischen Wahlen machen konnten.

Den Schülern und den teilnehmenden Lehrkräften stand dabei aktuelles und zielgruppenorientiertes Unterrichtsmaterial zur Verfügung, um den Wahlakt und das Wahlverfahren für Jungwähler transparenter zu gestalten.

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Um Politik persönlich erfahrbarer zu machen, ist neben dem „Hereinholen von politischen Akteuren“ auch der Besuch außerschulischer Lernorte sehr wichtig. Dazu bedarf es aber entsprechender Haushaltsmittel, die zumindest die Reisekosten der engagierten Lehrkräfte abdecken, die in der Regel über ihr erforderliches Stundenmaß hinaus diese „Klassenfahrten“ organisieren und durchführen. Im Sinne des Fachbereichs „Politik und Gesellschaft“ hoffe ich hier auf eine zukünftig bessere finanzielle Ausstattung unserer sonst so gut ausgestatteten Schule, um diese so wichtigen außerschulischen Lernorte besuchen zu können.

Zu dem Thema „Bayerische Rechtschreibung“ (= Genderverbot) kann man als politisch interessierter Mensch sicher auch in Bayern seine eigene Meinung haben.

Herzlichen Dank an alle Kollegen, die sich innerhalb des Fachbereichs aktiv zeigten und unabhängig von strukturellen Gegebenheiten die politische Bildung unserer Schüler gleichberechtigt neben der fachlichen Bildung des jeweiligen Ausbildungsberufs sahen.

Vielen Dank auch an die vielen Schüler, die an o.g. Veranstaltungen mit anhaltendem Interesse teilnahmen.

Trappe, StD

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